Michael Hofstetter: Vier plus Vier, 1997

 

Drei Arbeiten als Feld aufeinander bezogen, und in Relation zur Galerie der Stadt Sindelfingen gebracht: Die Passage, 1997; Faut Raisonnement Fait der Bonne Foi, 1988; Die eigenen vier Wände, 1997

 

 

 

Konzept

 

Die Installation Vier plus Vier besteht aus drei Arbeiten: "Die Passage", "Faut Raisonnement Fait De Bonne Foi" und "Die eigenen vier Wände". Alle drei Arbeiten beziehen sich auf je eigene Weise auf die Architektur des achteckigen Turms von Paul Kleihues, der ein Scharnier zwischen den verschiedenen Baukörpern des Lütze-Museums in Sindelfingen bildet. Die Räume dieses Turms stellen eigentlich nur eine Ummantelung der Wendeltreppe in der Mitte des Okagons dar, welche die drei Stockwerke verbindet. Die Installation Vier plus Vier befindet sich im ersten Geschoß des Achtecks und bezieht den verglasten Übergang zum alten Gebäude mit ein, der die einzige Öffnung des Oktagons in diesem Stockwerk nach Außen darstellt.

Das Werk Die Passage schließt diese Öffnung, verstärkt die Hermetik der Architektur und unterstreicht die Abwesenheit der ursprünglichen Bedeutung achteckiger Architektur als einer Verschränkung von zwei Vierecken, welche das Ineinandergreifen von Himmlischem und Profanem bzw. von Außen und Innen symbolisieren. Das Achteck als das Hereinnehmen des Außens in das Innen, als Gegenbild einer Ideologie der eigenen vier Wände ist in Kleihues' Bau verlorengangen und reduziert sich auf eine bloße städtebaulichen Setzung eines autonomen Subjekts.

 

Die Passage verschließt die beiden Fensterfronten des Übergangs mit Holzplatten, welche außen schwarz und innen weiß gestrichen sind. An beiden Fensterfronten wird ein cirka 40 cm großes Loch gelassen, an dessen Stelle eine Linse eingesetzt wird. Der Übergang wird auf diese Weise zu einer Camera Obscura. Die beiden Linsen projizieren die jeweilige Außensicht seitenverkehrt und auf dem Kopf stehend in das Innere des Übergangs: auf der einen Seite eine Bushaltestelle auf der anderen Seite zwei Nadelbäume, welche auf den dahinter liegenden Friedhof verweisen.

 

Faut Raisonnement Fait De Bonne Foi besteht aus sechs großformatigen Siebdrucken auf Markisenstoff, welche mit den abfotografierten Mustern Pariser Markisen bedruckt wurden und statt der üblichen Schriftzüge wie "Légumes", "Hôtel", "Patisserie" etc. die Namen der fünf Sinne und, quasi als sechsten Sinn, den Schriftzug "Mon Seul Désir" aufweisen. Die Markisen werden normalerweise in einem Sechseck mit drei Eingängen inszeniert. Zwischen dieser Arbeit und der Raumsituation des Oktagons gibt es zwei formale Parallelen: zum einen das Moment der Einkreisung des Betrachters, zum anderen der Charakter eines Vorraumes. So wie die Markisen einen Zwischenraum zwischen öffentlichem Raum und Verkaufsraum definieren, stellen die Räume des Turms bloße Vorräume zu einem Hauptraum, die umauerte Wendeltreppe, dar.

 

Der Kern des achteckigen Neubaus des Lütze Museums bildet eine umauerte Wendeltreppe. Diese Wendeltreppe verbaut die Sicht in den Ausstellungsräumen und läßt diese zu dunklen Rundschlauchräumen werden. Auf die Innenwände der Wendeltreppe werden mittels eines Karusseldiaprojektors 81 Dias projiziert, welche meinen Arbeitsraum zeigen, worin das Ausschnittsmodell desjenigen Teils vom Museum zu sehen ist in welchem meine Installation gezeigt wird. Ebenfalls sieht man in diesen Fotografien das Fenster meines Arbeitsraumes, welches nun zum zitierten Fenster in der fensterlosen Achteckarchitektur wird, und die Standfotos einer Animation in meinem Computer, wo sich aus einem Monitorraum die die Worte "See me", Hear me", Taste me", "Smell me", "Touch me" zur Bildschirmoberfläche bewegen. Diese Arbeit Die eigenen vier Wände  öffnet nur scheinbar die hermetische Architektur des Oktagons. In Wirklichkeit verdoppelt und spiegelt sie alle gebebenen und gesetzten visuellen Elemente und manifestiert auf diese Weise die radikale Interieurisierung und Privatisierung des Subjekts in seinem Bezugnehmen zur Welt.